Mit aktuellem Urteil vom 21. Juni 2017 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Versicherungsnehmer auch noch Jahrzehnte nach Vertragsschluss von seiner Lebensversicherung zurücktreten und den Versicherer zur Rückabwicklung des Vertrages auffordern kann. Tut er dies, muss ihm die Versicherung nicht nur die gezahlten Prämien herausgeben, sondern ihm auch Nutzungswertersatz zahlen – d. h., die Versicherung muss ihm die Beiträge verzinsen in der Höhe, in der sie selbst mit den eingezahlten Beiträgen Zinsen erwirtschaftet hat.
Abschluss- und Verwaltungskosten sind nicht von den Nutzungen abzuziehen
Dabei, so der Bundesgerichtshof in der Urteilsbegründung, könne die Versicherung angefallene Abschluss- und Verwaltungskosten nicht von den herauszugebenden Nutzungen abziehen. Diese seien bei der Bestimmung zu berücksichtigen, welcher Teil der eingezahlten Beiträge für die Nutzungsziehung zur Verfügung stehe und daher nicht auch noch zusätzlich von den Nutzungen abzuziehen. Damit erteilt der Bundesgerichtshof einem von der Versicherungsbranche gerne ins Feld geführten Argument eine deutliche Absage. Diese berufen sich in Klageverfahren, in denen Versicherungskunden ihre Rückabwicklungsansprüche durchsetzen, immer wieder darauf, dass sie zwar Nutzungen erzielt hätten. Diese seien aber, um die Abschluss- und Verwaltungskosten zu kürzen, und daher bleibe am Ergebnis nichts übrig.
Entscheidend sind tatsächlich gezogene Nutzungen
Der Bundesgerichtshof führt zutreffend aus, dass es widersprüchlich sei, den entsprechenden Teil der Prämien einerseits bei der Berechnung der Nutzungen nicht zu berücksichtigen um ihn dann andererseits von den Nutzungen auch noch abzuziehen. Eine derartige Saldierung komme auch deshalb nicht in Betracht, weil die eingezahlten Prämienbestandteile hinsichtlich der Nutzungen gesondert zu betrachten seien. Es sei auch nicht darauf abzustellen, ob bei dem Versicherer aufgrund der Rückabwicklung insgesamt Vorteile verbleiben. Entscheidend sei lediglich, ob der Versicherer die Nutzungen tatsächlich gezogen habe.
Gaukelei der Versicherer wird Riegel vorgeschoben
Mit dem Urteil schiebt der Bundesgerichtshof einem beliebten Rechentrick der Versicherer den Riegel vor. Oftmals hatten diese in mehr als fragwürdigen Berechnungen den Versicherungsnehmern und Gerichten vorzugaukeln versucht, dass auch bei einer Rückabwicklung nicht mehr als der Rückkaufswert auszuzahlen sei. Damit stellt das Urteil einen weiteren wichtigen Etappensieg für betroffene Versicherungsnehmer dar. Die Erfolgsaussichten für die Durchsetzung berechtigter Rückabwicklungsansprüche steigen damit weiter.
Bei Verträgen von 1991 bis 2007 sind Mehrwerte von 35 % möglich
Wer in den Jahren 1991 bis einschließlich 2007 eine Lebensversicherung abgeschlossen hat, kann diese in vielen Fällen noch heute rückabwickeln. Anstatt sich mit dem oft mageren Rückkaufswert bei einer Kündigung zufrieden zu geben, können Versicherungsnehmer auf diesem Weg regelmäßig Mehrwerte von 35 % und mehr über dem Rückkaufswert erzielen. Hintergrund ist ein früheres Urteil des europäischen Gerichtshofs und daraufhin auch des Bundesgerichtshofs, das bestätigt hat, dass Versicherungsnehmer beim Vertragsabschluss über ihr Rücktritts-, Widerrufs- oder Widerspruchsrecht ordnungsgemäß zu belehren waren. Erfolgte eine solche Belehrung nicht, ist die Frist für die Rückabwicklung bis heute nicht abgelaufen und die Versicherungsnehmer können verlangen, so gestellt zu werden, als hätten sie den Vertrag nie abgeschlossen.
Versicherer müssen alles herausgeben, was sie mit Beiträgen der Kunden erwirtschaftet haben
Auf Seiten der Versicherer bedeutet das, dass diese alles herausgeben müssen, was sie mit dem Geld der Versicherungskunden durch Kapitalanlage erwirtschaftet haben. Diese lukrative Verzinsung steht grundsätzlich allen Versicherungsnehmern zu, die bei Vertragsschluss nicht ordnungsgemäß belehrt wurden. Rückabgewickelt werden können insbesondere Lebens- und Rentenversicherungen, die nicht im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Darlehens an eine Bank abgetreten wurden. Wer prüfen lassen möchte, ob auch seine Lebensversicherung mit Mehrwert rückabgewickelt werden kann, sollte sich an eine auf die Rückabwicklung von Lebensversicherungen spezialisierte Anwaltskanzlei wenden.
Kostenfreie Ersteinschätzung – jetzt Unterlagen einschicken
Rechtsanwalt Johannes Goetz von der Kanzlei KMP3G Klamert + Partner, München hat bereits mehrere 100 Lebensversicherungen erfolgreich rückabgewickelt und steht für eine kostenfreie Ersteinschätzung jetzt zur Verfügung. Zur Prüfung, ob eine Rückabwicklung heute noch möglich ist, können Betroffene
einsenden. Anhand der Unterlagen kann in vielen Fällen bereits beurteilt werden, ob eine Rückabwicklung mit Mehrwert Aussicht auf Erfolg hat.